Kolumnen April 2015 - April 2017
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Rennsteig Supermarathon 2017
Rennsteig zum vierten. Alles wie immer: die Wälder, die Höh'n, die Vög'lein, Eichenkranz, Klöße, Rockin' Turtles. Draußen schüttet es wie aus Kannen, aber man groovt sich ein. Vernieselter Spaziergang zum Gymnasium, noch ein Eis aus dem Supermarkt, Schlafsack im Englischzimmer ausrollen und zeitig auf's Ohr, es geht schließlich früh raus.
Am Morgen ist es bedeckt, aber trocken, die Menschenmenge summt wie ein riesiger Bienenschwarm, der Hubschrauber brummelt, und noch bevor die Eisenacher Turmuhr sechs schlagen kann, schickt uns der Startschuss auf brandneu vermessene 73,5 km. Durch die Fußgängerzone und hoch zum Burschenschaftsdenkmal, nanu, sonst war doch hier immer Stau und gehen angesagt, bin ich etwa zu schnell? Es läuft ganz gut für ganze drei Bewegungseinheiten seit dem Oberelbe-Marathon, wegen Zeit, wegen Arbeit, wegen Unpässlichkeit. Training wird eindeutig überschätzt. Letztes Jahr war ich viel fitter, auch einige Kilo leichter und habe meine Zeit um ganze 41 Minuten auf 8:11:54 verbessert. Natürlich liebäugele ich jetzt mit der 8-h-Marke, aber ausgerechnet dieses Jahr? Ich überlege unterwegs, ob es die mit dem Alter abgenutzten Schmerzrezeptoren sind (habe ich gelesen) oder eine Art Berglauferfahrung aus den Alpenrennen (ZUT/AlpenX), die mir die Mittelgebirgsanstiege schmackhafter machen. Bis zum Inselsberg soll man ja, einer Schalkschen Weisheit nach, defensiv angehen. Gefühlt bin ich trotzdem etwas zügiger unterwegs als im Vorjahr. Und richtig: ca. 6 min aufgeholt. Wenn sich das mal nicht rächt. Schleim, Tee, Schmalzbrot und weiter (eigentlich müsste man mal ganz langsam und nur zum Essen mitlaufen ...). Dann geht es so lala bis zur Ebertswiese (ich denke an den Thüringen Ultra vom letzten Jahr, da war hier ein menschenleerer km 122). Gespannt schaue ich auf die Uhr: jetzt sind es acht Minuten. Irgendwo müssen doch die fehlenden vier Minuten noch herzubekommen sein. Viel ist nicht mehr rauszuholen, ich laufe so gut es geht, ohne mich gleich zu schrotten. Es ist immer noch ganz schön kalt und die Wege sind vom gestrigen Wolkenbruch ziemlich schlammig, vielen "Rückseiten" sieht man das auch deutlich an; mit Stollenschuhen ist man heute klar im Vorteil. Am Grenzadler habe ich genau 12 Minuten. Ja, das könnte knapp werden. Ich denke an ein altes Bonmot von Schalk: ab hier werden Bestzeiten geholt oder verspielt (oder so ähnlich). Aber was geht noch? Jetzt frage ich mich an jeder Steigung: gehen? laufen? will ich die Minute wirklich haben? Ja, genau diese eine hier brauche ich jetzt! Schmücke dann: 19 Minuten zum Vorjahr (also 7 Minuten auf die 8 h). Jetzt glaube ich's fast schon selber. Aber hier lief es im letzten Jahr auch schon gut, nur nicht langsamer werden. Wenn ich nicht dramatisch einbreche, sollte das funktionieren. Und schon bin ich im Wettkampfmodus, die Beine bewegen sich von alleine und hui geht es ab hier, bis auf ein paar kleine Gemeinheiten, sowieso nur noch bergab (jedenfalls sage ich mir das jedes Jahr wieder). Dann hört man schon das lärmende Ziel, den letzten doofen Hügel am Ortsrand einfach ignorieren, durch die Gärten, dann die Zielgerade, die offizielle Uhr zeigt noch unter 7:50 h. Wer hätte das gedacht. Das war tatsächlich mal eine neue Erfahrung, den Rennsteig wie einen Marathon am gefühlten Limit zu laufen. Anstrengend war's, schön war's, und ich schäme mich ein bisschen: ich habe mir die 7:47:32 eingravieren lassen ...
Schöner Lauf, nette Menschen, Klöße, Schleim und Volksmusik. Alles (fast) wie immer.
Chamonix kann kommen.
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