Kolumnen April 2015 - April 2017
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    Thüringen Ultra 2017



    Irgendwie schon ein bisschen dekadent, so großartige Läufe wie den Zugspitz oder den Thüringen Ultra, die andere (sehr zu recht) als ihr jährliches Highlight feiern, als bloße Trainingsläufe zu benutzen. Aber bevor ich mir im September das am besten kommerzialisierte Trailrennen um den Montblanc gönne, muss ich nochmal zurück zu den Wurzeln. Eine Art Gegenteil des UTMB ist dieses kleine und liebevoll organisierte Rennen im thüringischen Fröttstädt: freundschaftlich, entspannt, familiär. Da steht die Liebe zur Sache sichtbar noch sehr weit vorne und sorgt jedes Jahr wieder für eine durch und durch angenehme Atmosphäre. Gut, wie das so ist bei Familienfesten, einige sind etwas lauter, einige schlagen ein bisschen über die Stränge und eine Handvoll würde man am liebsten nie wieder einladen ... Ich habe zwar schon am Mittag als allererster mein Zelt auf die Wiese gesetzt, aber vor 23 Uhr ist trotz Ohrenstöpsel an Schlaf nicht zu denken. Wie die Leute das überstehen: feiern, zwei Stunden Schlaf, 100 km laufen und beinahe nahtlos weiterfeiern, frage ich mich jedes Jahr aufs Neue. In der Beziehung bin ich echt ein Weichei. Wie immer also etwas verschlafen um 4 Uhr an den Start getorkelt; muss ich die Müdigkeit eben unterwegs irgendwie rauslaufen. Es ist warm und seltsam schwül, der Himmel bedeckt mit dunklen Wolken, die nichts Gutes ahnen lassen. Wir laufen in die Morgendämmerung über die Felder, in den Wald, dann die ersten Anstiege. Der Anfang geht recht flott, an der Glasbachwiese bin ich als 43. und merke, das war ein wenig zu schnell. Dann fängt es nach ca. 3 h Laufzeit an zu regnen und wird bis zum Schluss, von kurzen Pausen abgesehen, auch nicht mehr aufhören. Wenigstens nicht 40°C wie vor zwei Jahren. Regenjacke über, die Schuhe behaupten auch, wasserdicht zu sein, also was soll's. Ab km 40 merke ich dann doch die kurze Regeneration seit dem Zugspitz Ultra und es wird etwas zäher. Trotzdem bin ich noch gut am Laufen, auch einige Anstiege, die ich früher gegangen wäre und außerdem liege ich immer noch zwanzig Minuten vor meinem Plan, soweit ich das im Sturzregen auf meinem Zettelchen erkennen kann. Und der Plan liegt schon eine Stunde unter meiner Bestzeit von 2014 (13:58 h). Muss ich ja nur noch halten. Irgendwann ist das Wasser dann von oben in die Schuhe gelaufen, die Wege sind teilweise eher Bachläufe und die Regenjacke nervt, aber immer, wenn man sie auszieht, wird der Regen wieder stärker (Murphy's Law). So richtig flüssig und gazellenartig sieht es jetzt wohl nicht mehr aus (falls je), aber die Kilometer spulen sich so dahin. Nochmal zusammenreißen für die liebevolle Partymeile an Kilometer 95. Gewerbegebiet, Autobahn, Hörselgau und ratzfatz bin ich mit neuer Bestzeit in 12:19 h zu Hause. Nur drei Stunden nach dem AK-Sieger bei dessen Trainingsläufchen ;-) (Schalk). Eine Dusche und zwei Bier später falle ich angenehm erledigt ins Zelt, während die Unermüdlichen draußen noch lange feiern. Es sei ihnen gegönnt. Die ersten Schritte am Morgen sind zwar etwas steif, aber nach dem Frühstück fühlt sich alles schon wieder ganz brauchbar an. So schön kann Training sein. Danke an alle für diesen schönen Lauf, fürs Ausharren im Regen, die geschmierten Brötchen und natürlich für meinen vierten Stern.


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