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Letzte Worte

von Karl Vitalij Karamasow
23. März 2017

"Drei Arbeiten sind schwer: Regiere, gebäre und lehre."
(Schweizer Sprichwort)


"Soweit musste es also kommen. Nun soll der arme, vielgeplagte Recep (Make Tayyip great again!) dem durch und durch faschistischen Europa beibringen, wie man Demokratie und Meinungsfreiheit verteidigt! Hätten wir uns einen Kundigeren wünschen, selbst nur vorstellen können? Spontan haben sich die Schiffbrüchigen von Roswell zum dreifingrigen Beifall erhoben und das mexikanische Volk beschloss mit großherziger Geste, auch den Osmanen, ach was soll der Geiz?, jedem einzelnen Volk der Erde eine eigene Mauer zu schenken.
Apropos Vogel zeigen. Um den von Verarmung akut bedrohten Mobilfunkmarkt um einige lebensrettende Frequenzen bereichern zu können, müssen wir Schmarotzer (die wir der notleidenden Industrie stets die kalte Schulter zeigen und uns starrsinnig den Yachten, SUV's und Wertpapierdepots verweigern) solidarisch unsere alten Fernseher auf den Müll werfen. In wenigen Tagen ereilt uns dann, so haben die Herren der flimmernden Bilder in ihrer grenzenlosen Güte beschlossen, der neueste Schwachsinn in noch sagenhafterer Klarheit (also rein optisch, versteht sich). Sofern wir natürlich zuvor den auf alten Teebeuteln kauenden Herstellern (s.o.) die neueste Technik abgekauft haben. Soweit der ewige Kreislauf des Kapitals; kennen wir, finden wir dufte.
Als unvergleichliches Sahnehäubchen aber, da haben sie in den Aufsichtsräten sicher gleich scharenweise prustend auf dem Boden gelegen und nach Luft ringend vor Vergnügen auf den Perserteppich eingehauen, haben sich die Fernsehonkels der Privatsender überlegt, dass sie bei dieser Gelegenheit für ihre unvergleichliche Mischung aus Laienspiel, selbstferentiellen Klatschgeschichten und eingekauften amerikanischen Serien-Bestsellern, durchsetzt mit Unmengen bebilderter Warenhauslyrik, noch eine kräftige Zugangsgebühr verlangen könnten. Warum auch nicht? Wer wagt, gewinnt. Schließlich sind die angepriesenen Produkte jetzt sogar konturschärfer zu erkennen als in der blassen Wirklichkeit ... Für einige unter uns wohl der angemessene Zeitpunkt, einen spitzen Finger vielsagend zur Stirn zu führen, wahlweise weiterführende Informationen mit weiteren Fingern zu übermitteln. Aber machen wir uns nichts vor: ich fürchte, es gibt da draußen immer noch genügend Leute, denen man den Inhalt ihrer eigenen Sickergrube verkaufen kann. Und genau das, zusammengefasst, dürfte wohl auch der Plan gewesen sein. Hut ab vor soviel vorbildlichem Unternehmergeist.
Apropos trumpesk (und ich sage Ihnen, das wird das Wort des Jahrzehnts). Was immer es mit dem Faschismus oder Humanismus Europas auf sich hat (der eine sagt so, der andere so) oder mit der quasirassistischen Nutella-Zweiklassengesellschaft, die den Osteuropäern das Braune auf dem Brot nicht gönnt, oder der Unterwanderung Ungarns durch den roten Stern auf holländischen Bieretiketten (alles Nazis außer Mutti!): Theresa, the leaden Lady, Empress of Lone Britain, wird sich und ihr national erwecktes Teekränzchen nun endlich davon lossagen. Und von allem anderen am Besten gleich mit, man kann ja nie wissen.
Achtung, falls Sie Ihre Finger noch für andere Aktivitäten vorgesehen haben: geben Sie acht, das Vogel-Zeigen entwickelt gerade ein hohes Suchtpotential.



Klassiker des Tages

"There never was any party, faction, sect, or cabal, whatsoever, in which the most ignorant were not the most violent." ["Niemals gab es eine Partei oder Sekte, worin die Unwissendsten nicht zugleich die Heftigsten waren."]
(Alexander Pope, 1688-1744, Gedanken über verschiedene Gegenstände, Übers. v. Ölckers u. Böttger)
 
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