Letzte Worte
von Karl Vitalij Karamasow
23. März 2016
"Das Herz auch hat sein Ostern, wo der Stein / Vom Grabe springt, dem wir den Staub nur weihten (...)."
(Emanuel Geibel, Gedichte, ged. 1838-40)
Da geht's den Menschen wie den Römern: nicht selten kehrt, was man endgültig erledigt und sicher vergraben wähnte, nur wenige Tage später wieder und tut, als sei es niemals fortgewesen.
Seit der Oggersheimer Übervater nicht mehr das Versprechen eines ewigen Musikantenstadls verkörpert, in blauäugig schunkelnder Volksgemeinschaft, bierselig aufgeschwemmt von Kraut und Haxn, fehlt dem reaktionären Kleinbürger seine politische Heimat. Schon schallt es aus den ostelbischen Grüften: hier, wir leben noch. Und wer dem Zombie folgt, kann seine Seele retten. Selbst für die FDP ist eine kleine Auferstehung drin.
Apropos Zombie: weiterhin spannend bleibt, welcher Untote demnächst als CEO der sogenannten freien Welt vorstehen wird? Die geduldige Ehefrau mit dem konservativen Herzen oder doch der wahnsinnige Hochhäuslebauer mit Wurzeln in der schönen Pfalz (mit erstgenanntem Pfälzer, soviel man weiß, weder verwandt noch verschwägert)?
Und nochmals apropos: unter Umständen haben wir das ehedem so verbreitete Berufsbild des irren Diktators zu früh unter den staubigen Teppich der Geschichte geschoben, auch das erlebt eine ungeahnte Renaissance. Möchtegernweltherrscher gedeihen wieder allerorten wie Unkraut. Selbst paranoide Züge gelten dabei nicht länger als Schönheitsfehler, sondern (neben der allfällig abgelichteten Heldenpose) eher als Ausweis einer Art maskuliner Authentizität. Falls unsere Jugendlichen jetzt nicht mehr Popstars oder Startupmillionäre werden wollen, hier ein paar Tipps für den Nachwuchs der Receps, Baschars und Wladimirs:
Zeige der Welt wie früher auf dem Schulhof, dass Gewalt durchaus eine Lösung sein kann. Wer als Erster zuschlägt, hat am meisten Recht, schon weil der andere, rein technisch, nicht mehr widersprechen kann. Mach deutlich, dass dir vor allem dein eigenes Volk vollkommen egal ist, dass dir Gesetze, Verträge oder Gerichte nichts als einen feuchten Windhauch gelten, dass von dir jederzeit kraft deiner Erwähltheit und deiner Visionen alles zu erwarten ist. Zeige stets, während du deine Truppen im In- und Ausland mit leichter Hand dirigierst, mit sämtlichen verfügbaren freien Fingern auf alle anderen und rufe laut "Haltet den Dieb!", und merke vor allem: nur wer ganze Völker auszurotten willens und in der Lage ist, kann sich berechtigte Hoffnung auf einen baldigen Einzug ins Walhall der großen Verbrecher machen (na sicher haben die auch eines, Ruhe da hinten!). Oder altersgerecht übersetzt: nicht nur Schminktipps und Bierduschen machen dich im Netz zum Quotenhit.
So hat alles alles irgendwann sein Comeback, selbst ein Flughafen soll in Berlin demnächst eröffnen ...
Klassiker des Tages
"Gibt es keinen Gott? Was? Dürfen / In seiner Schöpfung Könige so hausen?"
(Friedrich v. Schiller, Don Carlos, 1787)
|