Letzte Worte
von Karl Vitalij Karamasow
23. April 2016
"Battez-moi plutôt, et me laissez rire!"
["Schlagen Sie mich lieber, aber lassen Sie mich lachen!"]
(Molière, Der Bürger als Edelmann, 1670, Übers. v. Baudissin)
Da brat mir einer 'nen Kalif Storch. Und wieder geht ein Gespenst um in Europa und bringt Fürsten und ihre Kanaille zum Zittern wie Waldmeisterpudding: das Gespenst der Insubordination.
Flüsterparolen machen die Runde, Führerwitze, Zweifel am Endsieg sogar. Rechtmäßigen Kaisern wird hinterrücks die Krone vom weisen Haupt geschlagen und durch eine schmutzige Schellenkappe ersetzt. Und, was viel schlimmer ist, niemandem fällt ein Unterschied auf. Stellen wir uns der grausamen Wahrheit: die fünfte Kolonne marschiert wieder: die Bibelforscher und Jesuiten, die Hedgefonds-Eigner und westfälischen Landfrauen, die Illuminaten und die Satiriker. Und sie wollen alle nur das eine: uns unsere geliebten Monarchen wegnehmen. Die in warmherziger Strenge die Hand über uns halten oder uns, wenn es nottut, auch wohlwollend züchtigen, alles zu unserem Besten natürlich, wie liebende Väter das eben so tun. Da mag man als angehender Weltherrscher und zukünftiger Sonnengott schon mal seine Ziegenfelle davonschwimmen sehen.
Aber nicht nur die Thronsessel dieser Erde sind voll mit dauerbeleidigten Leberwürsten. Seit geraumer Zeit schon liegt die Agora voller Schlipse und man kann buchstäblich keinen Schritt mehr tun, ohne metaphorisch auf einen davon zu treten. Der riesige Bahnhofswartesaal des Internets schwirrt darob vor Empörungen. Einige flüstern, den Blick starr nach unten gerichtet, manisch die immergleichen Floskeln vor sich hin, andere reißen sich die Kleider vom Leib, werfen sich schreiend zu Boden und wälzen sich vor innerer Ergriffenheit im Staub, wieder andere schwelgen ausführlich in martialischen Rachephantasien. Auch in der sogenannten Realität kommt es dann manchmal zu teilweise tödlichen Kollateralschäden.
Was für ein überflüssiges Geschrei (das Meucheln sowieso). Wem die Welt da draußen zu viel wird (zu wirr, zu bunt, zu ordinär), kann sich ja jederzeit Augen und Ohren zuhalten (und, mit ein bisschen Geschick, auch gleich noch den Mund). Niemand zwingt (hoffentlich) osmanische Potentaten, slawische Großfürsten oder afrikanische Woodoo-Priester zum Konsum teutonischer Regionalprogramme.
Oder, noch besser, er oder sie schnappt sich seine/ihre Holzente, und wandert mit Bär und Tiger (Wertpapierhändler nehmen auch noch ihren Bullen mit) gen Panama, wo immer das für sie/ihn sein mag, und bezieht dort einen hübschen Briefkasten. Das liegt derzeit voll im Trend.
Klassiker des Tages
"Ganz freudlos geht kein Mensch durch diese Welt, / Wie wenige dauernd glücklich auch zu preisen. / Selbst wer kein Erdenglück für möglich hält, / Hat seine Freude dran, dies zu beweisen."
(Friedrich v. Bodenstedt, Aus dem Nachlasse Mirza-Schaffys, 1874)
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