Letzte Worte
von Karl Vitalij Karamasow
23. Juli 2015
"Well; then I shall see thee again? - / Ay, at Philippi."
["Gut, ich soll dich wiedersehn? - / Ja, zu Philippi!"]
(William Shakespeare, Julius Cäsar, 1601, Übers. v. Schlegel, A. 4, Sz. 3: Brutus u. der Geist Cäsars)
Ob genau das dem Röckener wohl vorschwebte, damals am Silvaplaner See, als ihn in der Sommerhitze des Oberengadin das kosmische Déjà-vu übermannte? Die ewige Wiederkunft des Langweiligen und Lächerlichen? Auch 134 Jahre später, pünktlich zum früheren Sommerloch, das einstmals entlaufenen Alligatoren oder mikrowellengetrockneten Hamstern vorbehalten war, feiern die Worst of the Pops der vergangenen Dekade fröhliche Urständ.
Nachdem George W. als Witzbild seines eigenen Vaters reüssieren konnte, folgt nun die Rache in Gestalt seiner eigenen Karikatur, schlimmer geht's immer: Donald Trump - der Republikaner als Clown. Die verhalten sich langsam wie die FDP (ehemals bundesrepublikanisch unverzichtbare Überflüssigkeit; den Unter-30-Jährigen ins Hausaufgabenheft) oder sonst etwelche autoaggressive Spezies. Muss man sich Sorgen machen? Immerhin haben die doch nur zwei Parteien. Geringe Hoffnung besteht aber auch noch, die alten "Buck Fush"-Shirts noch eine vierte Amtszeit auftragen zu können.
Die in der magyarischen Tiefebene zurückgebliebenen Finnen recyceln derweil den Antifaschistischen Schutzwall, damit es auch die Serben nicht nach Finnland schaffen. Die nächste Griechenland-Krise (ein schon im Osmanischen Reich beliebter Topos) rauscht vorüber, und wieder bleiben Sirtaki und Souflaki, Ouzo, Gymnastik und Demokratie noch ein wenig bei uns (bevor sie gemeinsam nach Sibirien auswandern; dem Wladi ist's egal, woher die Geschenke kommen). Der nächste NSA-Skandal wird in bewährter Häppchentaktik gewhistleblowt. In spätestens zwanzig Jahren haben wir dann die ganze Wahrheit: eigentlich wird und wurde jeder und immer überwacht und abgehört. Von Cäsar bis Dschingis Khan, von Casanova bis Marilyn. Selbst Pluto, der wehrlose kleine Ex-Planet (also eigentlich schon genügend gedemütigt), wird von DENEN jetzt ausgiebig fotografiert.
Nicht zuletzt ereilt uns schon wieder ein Jahrhundertsommer (ein ebenso häufiger wie dämlicher Superlativ), mit dem wiederum heißesten Juli (einige Nachrichtensender verstiegen sich zu einem "aller Zeiten" - finden das wenigstens die Paläontologen unter uns lustig?). Und wenn sich kein Gott oder Schicksal oder der Histomat höchstselbst erbarmt, kriegen wir die ganze Chose im nächsten Jahr wie den x-ten Aufguss eines alten Teebeutels erneut serviert.
Aber seit die Witwe von Henry John Heinz III, dem Urenkel des Ketchup-Tycoons, dessen Vater, wie der Großvater von Donald Trump (Friedrich Drumpf) aus dem pfälzischen Kallstadt stammte, den derzeitigen Außenminister und Vorzeige-Demokraten Kerry geheiratet hat, sind ja wohl auch Trump und Kerry ein wenig verwandt oder mindestens verschwippschwägert. Können Sie mir folgen?
Was uns das lehrt? Nun, wahrscheinlich so wenig wie die Geschichte selbst. Ist doch aber eine schöne Abwechslung im alljährlichen Einerlei. Oder?
Klassiker des Tages
"Abwechslung ist immer süß."
(Euripides, um 480 - 406 v. Chr., Orestes, Übers. v. Binder)
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